Warum Enteignung?

RWE & Co enteignen – Energieproduktion Vergesellschaften!

Unsere Kampagne hat die Enteignung und Vergesellschaftung des Energiesektors zum Ziel. Also eine De-Privatisierung und Demokratisierung – so können wir Energieproduktion gesellschaftlich verwalten und damit sozial gerecht und ökologisch gestalten. Aktuell liegt die Stromproduktion weitestgehend in den Händen von Konzernen wie RWE. Diese privatwirtschaftlichen Energieproduzenten handeln ausschließlich aus eigenen wirtschaftlichen Interessen. Der produzierte Strom wird als Ware verkauft, um damit auf Kosten der Verbraucher*innen Profit zu machen. Stromkonzerne achten dabei nur so weit auf unsere Umwelt und die Bedürfnisse der Verbraucher*innen, solange sich dies wirtschaftlich rentiert. Unser Strom wird durch Ausbeutung von Natur und Menschen produziert und vermarktet.

Dies werden wir nicht weiter hinnehmen und sehen es als unser legitimes Recht, über Stromproduktion als Gesellschaft selbst zu bestimmen. Für uns steht fest: Eigene Konsumentscheidungen werden die Stromwirtschaft letztlich nicht so grundlegend verändern, wie es nötig wäre. Auch jüngste Regierungsentscheidungen in Bezug auf die Energieversorgung (Stichwort Kohleausstieg 2030) gehen nicht weit genug und oft sogar in die falsche Richtung. Maßnahmen wie CO2-Steuer sind höchstens Symptombekämpfung, reichen jedoch nicht an die Ursachen der Klimakatastrophe.

Wir wollen einen Schritt weiter gehen und an den Eigentumsverhältnissen rütteln! Darum nehmen wir die Stromproduktion selbst in die Hand. Wir wollen RWE als den größten Energiekonzern NRWs enteignen. Gleichzeitig steht der Konzern RWE beispielhaft dafür, was gerade in der gesamten Energiepolitik schiefläuft. Denn nur RWE zu enteignen reicht nicht. Es ist nötig, den ganzen Sektor zu vergesellschaften, um die Marktlogik wirklich anzugreifen und aufzubrechen. Wir wollen selbst bestimmen, wo Strom herkommt und wie er verteilt wird. Die Produktion muss sozial, ökologisch und demokratisch organisiert sein. Das bedeutet konkret, fossile Energieträger im Boden zu lassen, Produktionsmittel zu vergesellschaften und die Arbeits- und Entscheidungsprozesse zugänglicher zu gestalten.

Produktionsmittel, Grund und Böden, sowie die Stromnetze liegen in den Händen der großen Unternehmen. Enteignung ist der Prozess, den Eigentümer*innen diese Produktionsmittel zu entziehen. Vergesellschaftung ist der darauffolgende Schritt, diese Mittel in die Hand derer zu geben, die sie auch verbrauchen. Und damit gemeinsame Entscheidungen wie, wo und was produziert wird möglich zu machen.


Wie stellen wir uns Enteignung vor? Und was passiert bis dahin?

Der Kohleausstieg ist beschlossen, mit 2030 aber immer noch zu spät. Es ist nach wie vor notwendig, Druck auszuüben, um einen früheren Ausstieg zu erwirken. Aber es ist auch an der Zeit, die Forderung nach sofortigem Kohleausstieg radikal weiterzudenken. Dieses Thema müssen wir als Gesellschaft nicht nur aus der ökologischen, sondern auch aus der sozialen Perspektive betrachten.

Hier setzen wir als Kampagne an und wollen dafür RWE & Co die Produktionsmittel sowie Stromnetze entziehen. Noch sind wir ganz am Anfang und vor uns liegt noch ein langer Weg.

Wir wollen eine gesellschaftliche Debatte darüber anstoßen, wie wir Energie gerecht und ökologisch produzieren und verteilen können. Wir wollen gemeinsam diskutieren, wer welche Entscheidungen treffen sollte und wie Partizipation kontinuierlich ermöglicht werden kann. Dafür ist es wichtig, viele unterschiedliche Perspektiven zu hören. Arbeiter*innen in der fossilen Industrie, Menschen, deren Zuhause von den Braunkohletagebauen bedroht ist, aber auch Verbraucher*innen ganz allgemein sind auf verschiedene Arten davon betroffen, wie Strom produziert wird.

Ist Enteignen denn überaupt möglich?

Und wir wollen auch tatsächlich enteignen! Das haben wir uns als Ziel gesetzt und dafür prüfen wir gerade verschiedene Optionen, die wir in den kommenden Jahren angehen werden z.B. einen Volksentscheid durchzuführen.

Im Grundgesetz wird in Artikel 15 davon gesprochen, dass Enteignungen im Sinne des Gemeinwohls möglich sind. Für die Enteignung muss festgelegt werden, welche Produktionsmittel, Grund, Böden und Bodenschätze den Eigentümer*innen weggenommen werden sollen. Dafür muss geregelt werden, wem genau diese Mittel dann gehören und in welcher Form sie verwaltet werden.

Auch die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ in Berlin beruft sich auf den Vergesellschaftungsartikel. Durch den erfolgreichen Volksentscheid werden nun Wohnungskonzerne, die mehr als 3 000 Wohnungen besitzen enteignet und die Wohnungen dem Markt entzogen werden.

Bei Enteignungen stellt sich die Frage der Entschädigung für die Enteigneten. Wir finden es falsch, dass RWE Entschädigungszahlungen erhalten sollte. Neben Klima- und Umweltschäden, verlieren z.B. auch Menschen aus den Dörfern im Rheinland ihr Zuhause, ihre Orte der Erinnerungen und ihre sozialen Bindungen. Statt Entschädigungen für RWE, halten wir das  Gegenteil für angemessen. Auch wenn viele dieser Dinge nicht mit Geld aufgewogen werden können, sollten die entstandenen Schäden, soweit dies noch möglich ist, von RWEs Kapital repariert werden.

Was uns Hoffnung macht

Wir schlagen einen realpolitischen Weg ein, wie zum Beispiel über einen Volksentscheid, jedoch ist uns bewusst, dass für die Enteignung großer politischer Druck notwendig ist. Es gibt politische und wirtschaftliche Interessen von Seiten des Staates und der Konzerne, die versuchen, dies zu verhindern.

In Berlin ist es „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ gelungen, diesen politischen Druck aufzubauen. Das zeigt, dass Enteignung von der Gesellschaft als sinnvoll und wichtig angesehen wird. Ein gesellschaftliches Klima ist gewachsen, dass für Vergesellschaftung im Wohnsektor einsteht. Nun organisieren wir uns, um diese Forderung auch in den Energiebereich zu tragen.


Was passiert nach der Enteignung? Warum Vergesellschaftung?

Wenn wir Energiekonzerne vergesellschaften, organisieren wir die Stromproduktion sozial gerecht, ökologisch und demokratisch. Die Bedürfnisse der Menschen und die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt stehen dann im Vordergrund. Allein daran richtet sich die Produktion und Verteilung aus. Die Vergesellschaftung muss dabei über reine Verstaatlichung oder Kommunalisierung hinaus gehen. Seltene repräsentative Mandatierungen bei Wahlen sind nicht, was wir uns unter demokratischer Kontrolle vorstellen. Außerdem sind Politik und Wirtschaft oft eng miteinander verflochten. Lobbyverbände üben Druck aus und auch Kommunen wirtschaften oft so, dass am meisten Geld in die Kassen fließt. Das heißt, auch hier stehen unsere Bedürfnisse nicht an erster Stelle.

Wie sieht Vergesellschaftung denn aus?

Es braucht also Organisationsformen, die weiter gehen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die alle Vorteile und Grenzen mit sich bringen. Welchen Weg wir mit „RWE & Co enteignen“ am Ende einschlagen werden, ist aktuell noch offen. Denkbar sind Kommunalisierungen mit großen Mitgestaltungsmöglichkeiten für die gesamte lokale oder regionale Gesellschaft. Also beispielsweise Anstalten des öffentlichen Rechts, in deren Gremien auch Bürger*innen-Vertreter*innen sitzen und die so transparent arbeiten, dass Entscheidungen für alle nachvollziehbar und hinterfragbar sind. Eine andere Option sind Genoss*innenschaften. Die Verwaltung läge dann ganz bei den Mitgliedern.

Unabhängig von der Organisationsform ist es uns wichtig, dass die Versorgung dezentraler als bisher abläuft. Wenn statt sehr wenigen riesigen Konzernen eine Vielzahl an Betrieben für die Stromversorgung sorgt, ist es möglich lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dadurch, dass weniger Menschen von einem einzelnen Betrieb mit Energie versorgt werden, ist auch Mitbestimmung einfacher und direkter möglich. Gleichzeitig orientiert sich die Größe und Dichte der Betriebe auch daran, wie wir Infrastrukturen und Ressourcen sinnvoll und effektiv nutzen können. Zu kleingliedrig sollte die Produktion daher nicht aufgebaut sein.  Trotz – oder gerade wegen – der Dezentralität braucht es auch eine übergeordnete Perspektive. Die einzelnen Betriebe sollen nicht nur nebeneinander existieren, sondern mit Konkurrenzlogiken brechen, sich austauschen, absprechen und Erfahrungen teilen.

Wer trifft dann Entscheidungen?

Und auch bei Entscheidungen sind die dezentrale und die übergeordnete Perspektive wichtig. Bei der Stromproduktion und -versorgung fallen verschiedene Arten von Entscheidungsprozessen an, die jeweils unterschiedliche Gruppen treffen sollten:

  • Als gesamte Gesellschaft treffen wir Richtungsentscheidungen. Also all jene Entscheidungen, die große oder langfristige Auswirkungen haben oder andere Wege verbauen. Für solche Entscheidungen brauchen wir gesellschaftliche Konsense und einen gemeinsamen Fahrplan.
  • Alle Verbraucher*innen, die Strom aus einem Betrieb beziehen, also zum Beispiel die Menschen einer größeren Stadt, treffen gemeinsam alle wichtigen Entscheidungen im Tagesgeschäft. In was Geld und Ressourcen gesteckt werden, wo und wie etwas gebaut wird, wie mit Problemen umgegangen wird – all diese Entscheidungen müssen für alle, die von diesen betroffen sind, zugänglich sein. Ob dies nun durch Rotation in Gremien, öffentliche Meinungsbildungsprozesse oder direkte Abstimmungen geschieht – wichtig ist, dass alle Perspektiven gehört und berücksichtigt werden.
  • Die Arbeiter*innen eines Betriebs entscheiden selbst über ihre Arbeitsstrukturen und -Abläufe, anstatt diese von Konzernspitzen vorgesetzt zu bekommen. Durch ihre Ausbildung und Berufserfahrung nehmen sie außerdem auch bei allen fachlichen Fragen eine zentrale Rolle ein.
  • Expert*innen haben bei allen Entscheidungen eine wichtige Funktion: Wissenschaftliche Positionen und Erfahrungswerte dienen als Grundlage für sämtliche Entscheidungsprozesse. Denn wir können gute kollektive Entscheidungen nur treffen, wenn wir die relevanten Fakten kennen, verstehen und berücksichtigen.

Und was kommt nach der Vergesellschaftung des Energiesektors?

In vergesellschafteten Sektoren, so wie wir sie uns vorstellen, würde vieles ganz anders funktionieren als wir es bisher gewohnt sind. Vieles davon müssen wir ausprobieren und erproben. Prozesse zu gestalten, in denen wirklich alle partizipieren können, wird eine Herausforderung. Kompromisse auszuverhandeln kann anstrengend sein. Uns an Bedürfnissen statt an Gewinnen auszurichten, während wir immer noch im Kapitalismus leben, wird vielleicht gar nicht so einfach. In diesem Sinne verstehen wir Vergesellschaftungen auch als Prozesse, in denen Alternativen zum aktuellen System erlebbar werden. Als kleine Fenster, die Mut machen das Bestehende zu hinterfragen. Und sie sind Ausgangspunkte, die wir als Basis für einen grundlegenden Systemwandel nutzen können.

Dieser ist nötig, denn der Kapitalismus setzt uns Grenzen. Eine Vergesellschaftung des Energiesektors wäre ein enormer Schritt. Völlig frei von Profitzwängen wäre dieser jedoch nicht. Zulieferer produzieren trotzdem kapitalistisch, Grund und Boden werden nach wie vor an den Meistbietenden verkauft und mit geringen Löhnen können Arbeiter*innen nun mal kein gutes Leben führen. Es ist unmöglich Inseln zu erschaffen, die keinerlei Berührungspunkte mit dem vorherrschenden System haben. Daher müssen wir die Eigentumsfrage auch in anderen Bereichen stellen. Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ in Berlin hat das im Wohnsektor vorgemacht. Andere Bereiche wie Verkehr oder Gesundheit müssen folgen.

Indem wir RWE & Co enteignen und den Energiesektor vergesellschaften gehen wir also einen weiteren Schritt von vielen.

Doch wir glauben: Eine andere Welt ist möglich und es lohnt sich dafür zu kämpfen.
Bist du dabei?