Vergesellschaftung des Energiesektors – FAQ

Vergesellschaftung des Energiesektors – FAQ

Aktuell liegt die Stromproduktion weitestgehend in den Händen von Konzernen wie RWE. Die Konzerne haben Eigentum an den Produktionsmitteln, Grund und Böden, sowie den Stromnetzen. Diese privatwirtschaftlichen Energieproduzenten handeln ausschließlich aus wirtschaftlichen Interessen. Der produzierte Strom wird als Ware verkauft, um damit auf Kosten der Verbraucher*innen Profit zu machen. Stromkonzerne achten dabei nur so weit auf unsere Umwelt und die Bedürfnisse der Verbraucher*innen, wie es unbedingt notwendig und vorgeschrieben ist.

Unser Strom wird also durch Ausbeutung von Natur und Menschen produziert und vermarktet. Deutschlandweit wird jährlich 300.000 Menschen der Strom abgestellt, während Konzerne Milliardengewinne einfahren. Dabei wird außer Acht gelassen, dass Strom ein Grundbedürfnis ist, welches essenziell für die Teilhabe am Alltag ist. Gleichzeitig wird die Klimakrise durch fossile Energie immer weiter befeuert, Entscheidungen wie das Abbaggern Lützeraths fallen zugunsten der Profitinteressen von RWE aus.


Produktion von Energie muss an den Bedürfnissen von Menschen ausgerichtet sein und nicht an Profit. Wenn die Energieproduktion marktfrei organisiert ist, bietet das die Möglichkeit, ökologische sowie soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Nur wenn wir private Konzerne vergesellschaften können wir selbst bestimmen, wo unser Strom herkommt und wie er verteilt wird. Das ist die demokratische Antwort auf die sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit.


Enteignung ist der Prozess, den Eigentümer*innen, in diesem Fall Konzerne z.B. Kraftwerke oder Stromnetze zu entziehen. Vergesellschaftung ist der darauffolgende Vorgang, bei dem privatwirtschaftliches Eigentum in eine Form der Gemeinwirtschaft überführt wird, damit dieses der Bedürfniserfüllung Aller statt der Gewinnmaximierung Weniger dient.


Im Grundgesetz wird in Artikel 15 davon gesprochen, dass Vergesellschaftung im Sinne des Gemeinwohls möglich ist. Für die Enteignung muss festgelegt werden, welche Produktionsmittel, Grund, Böden und Bodenschätze den Eigentümer*innen vergesellschaftet werden sollen. Ferner muss geregelt werden, welche Institution diese verwalten soll:

Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.


Eine Möglichkeit um eine Enteignung von RWE zu erreichen ist ein Volksentscheid. Dabei handelt es sich um ein direktdemokratisches Mittel mit einem mehrstufigen Verfahren. Zuerst wird ein Gesetzesentwurf geschrieben welcher nach einer erfolgreichen Unterschirftensammlung beim Land NRW eingereicht wird. Daraufhin können alle Wahlberechtigten bei einem Votum darüber abstimmen. Fällt das Votum positv aus, muss der Gesetzesentwurf umgesetzt werden.

2021 hat die Initiative Deutsche Wohnen &Co enteignen in Berlin einen Volksentscheid gewonnen, bei dem mehr als 1 Millionen Berliner*innen für die Enteignung von großen Immobilienkonzernen stimmten.

Müsste RWE bei einer Enteigung entschädigt werden? Wir sagen dazu zunächst: RWE verantwortet Klimafolgeschäden in Höhe von mind. 756 Milliarden Euro (bei 180 Euro Schaden pro Tonne CO2). Die verfassungsrechtlichen Diskurse zur Frage der Entschädigung sind im Gange.


Dem Staat die Kontrolle zu überlassen, hieße, dass die Energieversorgung abhängig von wechselnden politischen Mehrheiten wäre. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten, die dies für Verbraucher*innen, Arbeiter*innen und uns als gesame Gesellschaft mit sich bringt, gehen gegen null.

Noch viel wichtiger ist allerdings: Eine Verstaatlichung bricht nicht unbedingt mit der Profitlogik.


Es geht nicht nur um RWE als einzelnen Konzern, sondern um die radikale Umstrukturierung der Energieproduktion. Bei einer Umstrukturierung werden so oder so Altlasten entstehen. Konzerne nutzen hier die billigesten und schädlichsten Lösungen. Wir als Gesellschaft sollten diese Entscheidung auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse treffen und so verantwortungsvoll und zukunftsorientiert handeln.
Ein Beispiel: RWE plant, ab 2025 20 Billionen Liter Wasser vom Rhein abzuleiten um die Tagebauten zu fluten, während wir bereits jetzt Wasserknappheit und Trockenheit erleben.


RWE wird mit der Zeit auch auf erneuerbare Energien umsteigen. Die Form der Transformation, die Konzerne vorantreiben, ist nicht weitreichend genug. Konzerne werden weiterhin profitorientiert wirtschaften, was ökologische Gesichtspunkte stets zu einer Nebensache macht und zu weiterer sozialer Ungerechtigkeit führt. Vergesellschaftung ermöglicht es hingegen, soziale und ökologische Forderungen nicht gegeneinander auszuspielen.


Gerade weil die Zeit drängt, ist Vergesellschaftung ein wichtiger Schritt, da er das Problem an der Wurzel packt. Kapitalismus und Klimakrise sind fundamental miteinander verbunden. Der Kapitalismus stützt sich auf Ausbeutung und auf fossile Energien und Wachstum, und ist in sich krisenhaft. Um nachhaltige Veränderungen zu schaffen, muss die Energieproduktion dem Markt entzogen werden.


Nein. Wir müssen aufhören, auf Politiker*innen zu hoffen oder an die Regierungen zu appellieren. Das Wissen um die Klimakatastrophe ist seit vielen Jahren da. Trotzdem wird nicht danach gehandelt. Regierungen werden sich immer schützend vor Konzerne und ihre Interessen stellen. Mal offensichtlicher, mal durch Hinterzimmerdeals. Wir müssen das Problem grundsätzlich von der Ursache her bekämpfen: Grundbedürfnisse wie Energie(produktion) marktfrei organisieren und somit dem Zwang der Profitgenerierung entziehen.
Wenn wir eine Veränderung wollen, müssen wir diese selbst in die Hand nehmen. Mit Artikel 15 des Grundgesetzes, mit der Vergesellschaftung haben wir genau dazu die Möglichkeit.